Advanced Nursing Practice – die Vision besser pflegen zu wollen
30. September 2021
Der Begriff Advanced Practice Nurse (APN) wird von der International Council of Nurses (2020) beschrieben als eine „registrierte Pflegefachperson, die sich Expertenwissen angeeignet hat und die Fähigkeit besitzt, komplexe Entscheidungen zu treffen und Kompetenzen für eine erweiterte klinische Praxistätigkeit aufweist“ (Quelle). Die akademische Weiterqualifikation für Angehörige der Pflegeberufe zeichnet sich dadurch aus, mithilfe einer hohen Qualifikation Neuausrichtungen im Gesundheitswesen zu ebnen, sowie die professionelle Pflege durch neue Strukturen, Zuständigkeitsfelder und eine hohe Handlungsautonomie in eine erweiterte Rolle im pflegerischen Versorgungsablauf zu positionieren. Ziel dabei ist es, den Patientinnen und Patienten eine Pflege auf Spitzenniveau zukommen zu lassen. Von Sarah Micucci
Pflege im angelsächsischen Raum – so nah und doch so fern!
Während sich in angelsächsischen Ländern die Berufsrollen der Advanced Practice Nurses (APNs) bereits seit Jahren etablieren, liegt in kontinental-europäischen Ländern doch noch eher eine mangelnde Verbreitung besagter Berufsgruppe vor, welche ihre zentrale Tätigkeit in der direkten klinischen Tätigkeit hat. Als weitere Kompetenzen liegen im Fokus der Ausübung das Anleiten und Beraten, ethische Entscheidungsfindungen, die Durchführung von Konsultationen, eine interprofessionelle Zusammenarbeit sowie das Gewährleisten einer evidenzbasierten Praxis. Voraussetzung hierfür ist, dass die Ausbildung auf Master- oder Doktoratsstufe besteht. In Deutschland sind APNs eine neue Berufsgruppe mit der Problematik, dass Tätigkeitsfelder teils unklar definiert und nicht reglementiert sind. Diese ausbremsenden Probleme wurden, wie bereits erwähnt, im angelsächsischen Raum längst überwunden. Dort besteht nicht nur die Möglichkeit den Grad einer akademischen Qualifizierung als Advanced Practice Nurse zu erhalten, sondern noch in die Vertiefung verschiedener Expertenrollen zu gehen. Als die Bekanntesten sind dabei zu nennen die Clinical Nurse Specialist (CNS) und die Nurse Practitioner (NP). Letztere Pflegefachpersonen besitzen die Befugnis weitgehend eigenverantwortlich zu arbeiten, und somit Anamnesen zu erheben sowie klinische Untersuchungen durchzuführen. Sie diagnostizieren und behandeln akute und chronische Erkrankungen. Eine Pflegefachperson, welche den Titel CNS trägt, ist häufig in beratenden und unterstützenden Bereichen tätig, und arbeitet dabei in interprofessionellen Teams.
Mit Verbündeten neue Wege gehen
Die Schweiz ging mit gutem Beispiel voran, und bietet seit 2012 an der Universität Basel das Diploma of Advanced Practice Nurse als klinischen Weiterbildungsstudiengang an. In einer Studie des Instituts für Pflegewissenschaft der Universität Basel (Natascha Stürmer et al.) wurde exploriert, welche Erfahrungen APNs während und nach der Weiterbildung machten, und welche Veränderung sich in ihrem Berufsalltag herauskristallisierten. Bei einer Befragung der Teilnehmer konnte als Ergebnis eine Vision von einer besseren Pflege festgehalten werden. Dies, sowie das Streben nach mehr Wissen, eine veränderte Rolle der Pflege und eine innovative Veränderung im Gesundheitswesen wurden weiterhin vermerkt. Von dem Weiterbildungsstudiengang zur Advanced Practice Nurse versprachen sie sich durch die Stärkung klinischer Kompetenzen Sicherheit im Berufsleben zu erlangen. Wobei die Herausforderung als APN Fuß zu fassen ein ebenso großes Thema darstellt. Langfristig besteht der Wunsch mit Verbündeten neue Wege in Versorgungssystemen zu gehen. Dabei wird darauf hingewiesen, dass ein solch innovativer und wichtiger Schritt der Profession Pflege ebenso mit neuen Herausforderungen verbunden ist. Andere Studien vermerkten in diesem Bezug, dass APNs ihre neue Rolle im Gesundheitswesen erst aufbauen müssen. Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung liegt hierbei in der eigenen Autonomieentwicklung, und einer zuvor in solchem Maß nicht dagewesen Behauptung der eigenen Rolle gegenüber anderen Personen im Gesundheitswesen.
Fazit: Die Berufsgruppe der APNs findet langsam Möglichkeiten sich zu etablieren (zumindest in der Schweiz). Für eine nachhaltige Implementierung sind jedoch unterstützende Rahmenbedingungen unerlässlich, und sicherlich noch stark ausbaufähig. Was die Motivation zu solchen Schritten betrifft, so lässt sich vermehrt, auch nach vielen Tiefschlägen der Profession, noch immer die Vision von einer besseren Pflege vermerken. Dieses Bestreben nicht nur alleine anhand von verstärkter Nächstenliebe, sondern durch Qualifikationen, akademische Werdegänge, persönliche Weiterentwicklung, autonome Arbeitsbefähigungen und Karrierechancen zu verankern, scheint doch ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung zu sein. Und damit hoffentlich ebenso eine Motivation für deutsche Pflegefachpersonen, sich mit diesem Thema einmal mehr auseinanderzusetzen.
Autorin
Sarah Micucci
Sie ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin, sowie Pflegepädagogin (B.A.). Zusätzlich arbeitet sie als Autorin und Textredakteurin für Pflegefachliteratur.
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