Was wäre die Pflege in Deutschland ohne ausländische Pflegekräfte?
10. Februar 2025
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Was wäre die Pflege in Deutschland ohne ausländische Pflergekräfte?
Was wäre die Pflege in Deutschland ohne ausländische Pflegekräfte? Die Antwort hierzu ist schnell gegeben: Nicht möglich. Was mitunter schon so schon vermutet wurde, bestätigt nun unter anderem eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Doch, ob diese überaus wichtige Tatsache bei jeder Bürgerin und jedem Bürger der Bundesrepublik angekommen ist, scheint fragwürdig. Insbesondere in Anbetracht der anstehenden Bundestagswahlen 2025 sowie mögliche Prognosen auf Wahlergebnisse, scheint es mehr als notwendig einmal mehr hierauf aufmerksam zu machen.
Pflegekräfte dringend gesucht!
Wer seine Karriere in der Pflege sucht, hat wohl nach wie vor gute Karten dahingehend, was die Optionen zur Auswahl der Beschäftigungsstelle betrifft. Denn noch immer ist der Bedarf an Pflegenden enorm. Von 2013 bis 2023 ist die Gesamtbeschäftigung in den Pflegeberufen um 26 Prozent gestiegen. Eine zunehmend alternde Gesellschaft liegt in ganz Europa vor, auch in Deutschland. Die schon vor Jahren vorausgesagten Probleme, welche einhergehen mit dem demografischen Wandel, haben längst in unserem Gesundheitssystem Wurzeln gefasst und stellen den Pflegesektor vor allem vor eine schwerwiegende Herausforderung: Personalmangel. Händeringend wird versucht, gerade auch junge Menschen wieder für die Profession Pflege zu begeistern. Doch die Zahlen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind noch lange nicht ausreichen für ein stabiles Pflegesystem.
Der demografisch bedingte Rückgang der deutschen Pflegefachpersonen
Holger Seibert, einer der Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, welcher mit an der Studie „Internationalisierung der Pflege – Pflegekräfte mit ausländischer Staatsangehörigkeit und ihr Beitrag zur Fachkräftesicherung“ aus dem Jahr 2024 arbeitete, beschreibt, dass die Auswirkungen des demografischen Wandels sich auch bei den Pflegenden selbst zeige. Die Zunahme der älteren Beschäftigten in der Pflege steigt erheblich, ohne dass ansatzweise in gleichem Maß die Jugend nachrückt. Dabei sind es gerade Pflegefachpersonen mit deutscher Staatsangehörigkeit, deren Altersdurchschnitt in den letzten zehn Jahren stark zugenommen hat. Viele dieser Fachkräfte werden in den nächsten Jahren das Rentenalter erreichen. Bei der Frage, wer in solchen Zeiten unser deutsches Pflegesystem aufrechterhält, verweist Seibert auf die ausländischen Pflegekräfte. Dieser federn schon seit Jahren den demografisch bedingten Rückgang deutscher Pflegefachpersonen ab und tragen maßgeblich dazu bei, dass der Pflegebetrieb deutschlandweit nicht zusammenbricht. Besonders in der Altenpflege ist das Beschäftigungswachstum ausländischer Pflegender enorm. Von 2013 bis 2023 stieg es um 273 Prozent auf fast 87.000 Personen. Auffällig ist auch, dass während der Altersdurchschnitt deutscher Pflegekräfte steigt, der von ausländischen Pflegekräften sinkt. Der Anteil junger ausländischer Beschäftigter in der Pflege nimmt auffallend stark zu.
Wer pflegt bei uns?
In Deutschland ist nach wie vor für Pflegekräfte ein förmliches Anerkennungsverfahren
zur Prüfung der Gleichwertigkeit ausländischer Berufsqualifikationen notwendig. Mittlerweile sind in der Pflege sehr viele Menschen aus Ländern außerhalb der EU vertreten, mit Staatsangehörigkeiten aus den Pflegeanwerbeländern (Anwerbevereinbarungen), wie unter anderem Bosnien-Herzegowina, Philippinen und Vietnam. Ebenso häufig vertreten sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der Türkei, Serbien und Albanien. Innerhalb der EU sind es vor allem Pflegekräfte aus Polen, Kroatien und Rumänien, die in Deutschland arbeiten. Der Anteil weiblicher ausländischer Pflegekräfte ist deutlich höher als der der männlichen.
Nicht nur, dass, heute wie zukünftig, Deutschland auf die Unterstützung ausländischer Pflegekräfte angewiesen sein wird, besteht schon jetzt ein Konkurrenzkampf mit anderen europäischen Ländern um ausländische Mitarbeitende. Die IAB-Forscherin Doris Wiethölter unterstreicht dies mit den Worten, dass Deutschland dringend eine verbesserte Willkommenskultur braucht, um neue Pflegekräfte auch langfristig in Deutschland halten zu können. Denn, wer noch immer meint, dass ausländische Arbeitskräfte froh sein können einen Arbeitsplatz in Deutschland zu erhalten, der sollte einmal über den Tellerrand unserer Grenzen hinwegsehen und sich ein Bild darüber machen, wie attraktiv mitunter Arbeitsbedingungen in anderen Ländern gegenüber unseren sind. Neben erleichterten Zuwanderungsregeln und einer zügigeren beruflichen Anerkennung, geht Wiethölter auch auf eine höhere Wertschätzung der mitgebrachten Qualifikationen und Kompetenzen der Pflegekräfte aus dem Ausland ein.
Angesichts der anstehenden Bundestagswahlen kursieren viele Videos in sozialen Medien. Unter anderem meldet sich hierbei auch die Pflege zu Wort. Pflegefachpersonen sowie Ärztinnen wie Ärzte mit Migrationshintergrund spielen beispielsweise Sequenzen nach, in denen sie Patienten im OP-Saal alleine liegen lassen und dabei auf das Stichwort „Remigration“ verweisen. Was den Pflegesektor angeht, so nehmen ausländische Beschäftigte keine Arbeitsplätze weg, sondern sie fangen die Arbeit auf, für welche Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft nur noch mäßig zu begeistern sind. Eine Arbeit, die jedoch essentiell für dieses, sowie jedes andere Land ist. Ohne ausländische Pflegekräfte würde unser Pflegesystem zusammenbrechen. Fakten, die es unbedingt bei jeder Wahl in der Bundesrepublik Deutschland zu bedenken gilt.
Quellen:
Sarah Micucci Gesundheits- und Krankenpflegerin Pflegepädagogin (B.A.) Autorin / Redakteurin für Pflegefachliteratur
Sarah Micucci
Sie ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin, sowie Pflegepädagogin (B.A.). Zusätzlich arbeitet sie als Autorin und Textredakteurin für Pflegefachliteratur.
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Sarah Micucci